losgedacht: Marc meint zu #JugendarbeitVSVirus

„losgedacht“ ist eine Notizen-Rubrik aus unserem monatlichen Newsletter! Hier kommen Einzelne aus den Mitgliedsverbänden, aus den Vorständen, aus den Geschäftsstellen usw. zu Wort und teilen ihre Sicht der Dinge mit. Im Zentrum steht ein selbst gewähltes Thema – egal ob aktuelles Ereignis, Projekt oder (politische) Entwicklung – hier wird einfach mal losgedacht und eine persönliche Meinung sichtbar gemacht. Marc Gobien ist Jugendsekretär in unserem Mitgliedsverband CVJM Bremen. Für „losgedacht“ hat er seine Gedanken zum Hashtag „#JugendarbeitVSVirus“ niedergeschrieben:
Ich sitze in unserem DayCamp – eine Ferienbetreuung des CVJM in Bremen, in der Kinder von morgens 07:30 bis 16:00 Uhr betreut werden, damit Mama und Papa zur Arbeit gehen können.
Lange war unklar, ob unser Camp in diesem Sommer überhaupt stattfinden kann. Wie so vieles in 2020. Bereits in den letzten Monaten haben viele Jugendverbände gezeigt, wie anpassungsfähig wir sind. Nicht nur, dass wir uns von Generation zu Generation manchmal auch völlig neu erfinden müssen, nein: In diesem Jahr haben die Jugendverbände in beeindruckender Weise gezeigt: Wir sind dran am Puls der Zeit und im Fokus stehen unsere jungen Menschen!
Ich erlebe, wie Programme umgedacht, online an den Start gingen und die Jugendarbeit oft Einzug in das heimische Wohn- oder Kinderzimmer gefunden hat. Mit hoher Kreativität und viel ehrenamtlichem Engagement wurden neue Wege gesucht. Das ist einfach nur stark! Doch wer nun glaubt, dass ich hier eine Hymne des Lobes an alle Jugendverbände im Land Bremen, oder bundesweit niederschreibe, der irrt.
Unter dem #JugendarbeitVsVirus finden sich viele Beispiele, was wir Jugendverbände unternommen haben, um denen Partizipation, Halt und ein bisschen Normalität zu schenken, die von der Politik über Monate hinweg scheinbar vernachlässigt – gefühlt gar vergessen wurden.
Nicht hinter jedem Jugendverband steckt ein finanzstarker Träger. Und nur bedingt würdigt unsere Hansestadt das Engagement unserer Verbände ausreichend finanziell. Mit oft wenig pekuniären Ressourcen haben wir Jugendverbände es mal wieder geschafft, jungen Menschen eine kleine Perspektive in diesem so tristen Jahr zu schenken. Und obwohl viele Fahrten abgesagt wurden, viele Gruppen sich nur eingeschränkt oder über Monate nur digital gesehen haben: Die Leidenschaft ehrenamtlichen Engagements hat unsere Kinder- und Jugendlichen nicht vergessen.
Bis zuletzt fehlte es in den Coronaverordnungen des Landes Bremen an einer klaren Regelungen für die Jugendverbandsarbeit. Viele andere Lebensbereiche erhielten explizite Erwähnungen oder gar Regelungen. Das kann man so oder so sehen. Ich jedenfalls finde, das passt zum bisherigen Bild: Kinder- und Jugendarbeit oder auch die Jugendverbandsarbeit bringen dem Land kein Geld: Sie kosten einfach nur.
Achtung, nun wird es leicht polemisch: Geben wir (in der Bundesrepublik) doch lieber 9 Mrd. Euro an die Lufthansa (die dann am Ende doch Arbeitsplätze streicht) und stricken milliardenschwere temporäre Konjunkturprogramm, als in die nachhaltige Zukunft zu investieren. Mit mal eben ermöglichten 9 Mrd. Euro, die der Steuerzahler am Ende zu finanzieren hat, könnte man unglaublich viel in der Kinder- und Jugendarbeit sowie der Jugendverbandsarbeit ermöglichen. Aber auch Schulen würden endlich mal ausreichend saniert, mit ausreichend digitalen Möglichkeiten ausgestattet und Lehrpersonal fachlich geschult werden können.
Nun ja, nun sitze ich im DayCamp… Unter vielen Anstrengungen haben wir es am Ende also doch geschafft, unser Programm in den Sommerferien stattfinden zu lassen. Wie übrigens auch viele andere Jugendverbände! Die Kinderstadt Bremopolis geht genauso an den Start, wie unser DayCamp oder wieder zahlreiche andere Programme.
Also ist doch eigentlich alles wie immer, oder? Wir Jugendverbände brauchen also offensichtlich nicht mehr Geld – die Ehrenamtlichen machen es doch schließlich aus Leidenschaft.
Und außerdem: Es ist doch wichtig, Arbeitsplätze zu erhalten, die Konjunktur anzukurbeln und, und, und … Soll der Motor unseres Wohlstandes etwa zum Stillstand kommen? Die Konsequenzen wären tragisch.
Ja, ich ziehe meinen Hut vor allen Entscheidungsträgern dieser Zeit: Allen kann man es nie Recht machen.
Heute geht es darum, den Motor der Wirtschaft zu stärken und Arbeitsplätze zu sichern. Was wäre aber, wenn die Politik sich endlich mal stärker mit denen befasst, die in zehn, fünf oder noch weniger Jahren überhaupt der Motor der Wirtschaft sein werden? Uns Jugendverbände reichen erstmal auch sicherlich weniger als 9 Mrd. Euro um die bereits gute Arbeit endlich einmal auf gesicherte Beine stellen zu können – und durch gesicherte Finanzierungen der Verbandsarbeit die jungen Menschen HEUTE für Morgen zu stärken, ohne immer wieder darüber nachdenken zu müssen, ob das eine oder andere Projekt überhaupt realisierbar ist oder sich alle Kinder und Jugendliche eine Teilhabe aus finanziellen Gründen überhaupt leisten können.
Bei uns im DayCamp läuft es übrigens richtig gut. Es sind zwar deutlich weniger Kinder als in den anderen Jahren, aber das liegt eher an den coronabedingt eingeschränkten Teilnehmendenplätze. Anmeldungen hätten wir gefühlt doppelt so viele wie in den vergangenen Jahren entgegen nehmen können.
Die Teamenden und Kinder haben sich schnell an die Besonderheiten des Hygiene- und Schutzkonzeptes gewöhnt. Naja, gefühlt kennen alle Beteiligten in diesem Jahr auch nichts anderes, als sich an Abstand, Hygiene und Alltagsmaske zu halten…
Schauen wir gemeinsam auf die Dinge, die da kommen und hoffen wir das Beste!
Bleibt gesund!
Marc