1. November 2021

Senihad meint zur Freiheit

„losgedacht“ ist eine Notizen-Rubrik aus unserem monatlichen Newsletter! Hier kommen Einzelne aus den Mitgliedsverbänden, aus den Vorständen, aus den Geschäftsstellen usw. zu Wort und teilen ihre Sicht der Dinge mit. Im Zentrum steht ein selbst gewähltes Thema – egal ob aktuelles Ereignis, Projekt oder (politische) Entwicklung – hier wird einfach mal losgedacht und eine persönliche Meinung sichtbar gemacht. Senihad Sator ist seit März 2021 Vorsitzender des Bremer Jugendrings und hat sich für „losgedacht“ Gedanken dazu gemacht, was für ihn der Begriff „Freiheit“ bedeutet …


Gerade als Jurist habe ich früh im Studium viele Berührungspunkte mit dem Begriff der Freiheit gehabt. Trotzdem habe ich während meines Studiums vor rund sechs Jahren nie gedacht, dass ich mal in der Situation bin, in der ich bestimmte Freiheitsrechte nicht ausüben darf.

Damals ging es insbesondere um eine sehr theoretische Debatte über die Herkunft von Freiheit. Viele Diskussion habe ich mit meinen Kommiliton_Innen im Rahmen von Vorlesungen geführt und immer wieder hat sich gezeigt, dass es viele unterschiedliche Auffassungen gibt, wie weit Freiheit gehen darf. Im Kern einig waren wir uns aber, dass die im Grundgesetz verankerten Rechte eine gute Grundlage dafür bilden, dass wir unsere Freiheiten ausleben können. Und doch stehen die eigenen Freiheiten immer wieder in einem Spannungsfeld mit der der anderen Menschen in unserem Umfeld.

Bisher immer darüber theoretisch nachgedacht, zeigt sich heute, dass Freiheitseinschränkungen sehr schnell real werden können. Sich nicht mit Freund_Innen treffen, zur Familie fahren oder ins Restaurant gehen zu können oder die Ausgangssperre, verdeutlichen doch auch, dass Freiheiten nicht selbstverständlich sind. Die Corona-Pandemie hat dafür gesorgt, dass der Staat Maßnahmen ergreifen musste, die teilweise massiv in unsere individuellen Freiheiten eingreifen. Trotz teils auch gerechtfertigter Kritik am Krisenmanagement der Bundes- und Landesregierungen war der Eingriff in die Freiheitsrechte notwendig, um diese Pandemie in den Griff zu bekommen. Genau an dieser Stelle zeigt sich das Spannungsfeld. Auf der einen Seite gibt es das Bedürfnis zum Ausleben von Freiheiten, auf der anderen Seite wiederum das legitime Interesse, das Leben und die Gesundheit von Menschen zu schützen. Dazwischen muss nun die Politik einen Weg finden, um beides in irgendeiner Form bestmöglich zur Geltung zu bringen.

Gegen die Maßnahmen während der Pandemie gingen (und gehen) viele Menschen auf die Straße. Angereichert mit Verschwörungsideologien wurden Meinungen kundgetan, die bisher in der öffentlichen Wahrnehmung nicht präsent waren und teilweise als unsagbar galten. Und auch an dieser Stelle ist immer abzuwägen, wie weit das Sagbare gehen darf, ohne in die Freiheiten anderer einzugreifen. In einer freien Gesellschaft gilt es vieles – nicht alles – auszuhalten, auch wenn es einem persönlich nicht gefällt. Vor allem aber dürfen wir unsere Freiheiten nicht als Selbstverständlichkeiten hinnehmen.


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